ePA? »Schweigen ist Gold!«
Bayerischer Facharztverband (BFAV) warnt vor ePA
Seit dem 30.Juni 2024 müssen Ärzte für ihre Praxis die Empfangsbereitschaft für elektronische Arztbriefe sicherstellen. Die Krankenkassen ab 15.Januar 2025 die sogenannte „ePA für alle“ einrichten. Der BFAV sieht darin das Ende der ärztlichen Schweigepflicht.
Ab dem 15. Januar 2025 sollen alle Ärzte innerhalb der Telematikinfrastruktur verpflichtet werden, ihre aktuell erhobenen Befunde auf die ePA zu übertragen, es sei denn, der Patient widerspricht. Über jede Übertragung muss der Patient aufgeklärt werden, das Einverständnis der Patienten muss dokumentiert werden. Der Patient hat das Recht, generell dem Anlegen einer ePA zu widersprechen (Optout). Dieser Widerspruch muss gegenüber seiner gesetzlichen Krankenkasse erklärt werden. Darüber hinaus hat der Patient das Recht, einzelnen Übertragungen von aktuellen Befunden auf die ePA zu widersprechen. Einzelne Krankenkassen haben bereits ausführliche Anleitungen zur ePA auf ihrer Homepage vermerkt, so zum Beispiel die Techniker Krankenkasse (43 Seiten!). Viele juristische Fragestellungen sind aber noch offen.
Diskriminierung droht
Für Dr. Gernot Petzold niedergelassener Augenarzt in Kulmbach als zuständiges Vorstandmitglied im BFAV bedeutet dies ein bürokratisches Horrorszenario „für die Praxen, wie für die Patienten das Ende der ärztlichen Schweigepflicht.“ Durch einschneidende Sanktionen der Kassenärztlichen Vereinigung sollen die Umsetzung des Digital-Gesetzes auf TI-Anwendungen in den Praxen sichergestellt werden. Die finanziellen Einbußen bei einer Weigerung sind nicht unerheblich. Bereits bis zum 1. Mai 2024 (d.h. in Q2/2024) musste gegenüber der KV ein Nachweis über die eRezept-Fähigkeit erbracht werden; andernfalls wird das GKV-Honorar pauschal um 1% gekürzt. Wird das Honorar bereits um 2,5% wegen Nichtanschluss an die TI gemindert, erhöht sich der einbehaltene Anteil auf 3,5%. Petzold steht mit seinen Befürchtungen nicht allein. So warnt auch die Deutsche Aidshilfe (DAH) vor möglicher Diskriminierung. Kritisiert wird vor allem, dass ein zuvor von den Verantwortlichen versprochenes "feingranulares Berechtigungsmanagement", bei dem die Nutzer im Detail entscheiden können, welcher Arzt welche Informationen sehen darf und welcher nicht, nicht mehr wie geplant möglich ist. Erkrankungen, die gesellschaftlich stark stigmatisiert sind wie Depression oder Geschlechtskrankheiten, können dazu führen, dass Patientinnen und Patienten solche Diagnosen eher nicht in ihre elektronische Patientenakte (ePA) hochladen und damit ihren behandelnden Ärzten diese Informationen vorenthalten. Umgekehrt dürfen keine Gesundheitsdaten ohne das Einverständnis des Patienten die Arztpraxis verlassen. Eine automatische und kritiklose Übertragung von in der Praxis erhobenen Patientendaten in eine ePA widerspricht den ärztlichen Grundsätzen wie sie im Eid des Hippokrates formuliert sind. Nur dann, wenn der Patient explizit seine Gesundheitsdaten einer zentralen Speicherung in einer ePA zur Verfügung stellen möchte, darf der Arzt diese Daten übertragen. Das große Problem ist für Petzold „dass bei einer geforderten Einverständniserklärung kein Patient und kein Arzt weiß, wofür diese Einverständniserklärung gegeben werden soll, da es derzeit noch völlig ungewiss ist, wozu all diese Daten in der ePA in Zukunft genutzt werden. „Die nächsten Monate bis zum 15. Januar werden sehr spannend und fordernd - vor allem für uns Ärzte,“ so der BFAV-Sprecher abschließend: „Reden kostet Silber, Schweigen ist Gold!“
Autor
Dr. med. Gernot Petzold
E-Mail