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Noch mehr Dienste?

Bayerischer Facharztverband befürchtet flächendeckendes Praxissterben

Mit dem Gesetz zur Reform der Notfallversorgung wird künftig unter dem Begriff der „notdienstlichen Akutversorgung“ die Dienstbelastungen der Vertragsärzte deutlich erhöht. „Fachärzte, die in ihren Praxen für das GKV-System ohnehin längst am Limit arbeiten, werden diese zusätzlichen Dienstbelastungen im zum großen Teil fachfremden allgemeinmedizinischen Versorgungsbereich nicht mehr erbringen können,“ warnt der Vorsitzende des BFAV Dr. Wolfgang Bärtl. „Die Wartezeiten der gesetzlich Versicherten auf Facharzttermine werden immer länger, die Wege gerade außerhalb der Ballungsräume immer weiter.“ Der Rückzug aus der vertragsärztlichen Versorgung durch vorzeitige Praxisaufgabe oder der Wechsel in den privatärztlichen Sektor seien die Folge.

Mit dem Gesetz zur Reform der Notfallversorgung (kurz: Notfallgesetz) will die Ampelregierung ein neues ambulantes Versorgungssegment installieren. Diese „notdienstliche Akutversorgung“ wird auf die niedergelassenen Vertragsärzte abgewälzt. Sie soll die“vertragsärztliche Versorgung in Fällen, in denen eine sofortige Behandlung aus medizinischen Gründen erforderlich ist“ - das bedeutet für 24 Stunden täglich - sicherstellen. Für die Fachärzte bedeutet dies, dass sie künftig rund um die Uhr sowohl eine aufsuchende als auch eine telemedizinische notdienstliche Versorgung anbieten müssen.

Bürokratieintegrierte“ Notfallzentren

Die Sicherstellung der notdienstlichen Akutversorgung soll laut Gesetzentwurf darüber hinaus die Beteiligung an Integrierten Notfallzentren (INZ) sowie 24 Stunden täglich einen „aufsuchenden Dienst“ beinhalten. Kernstück des INZ soll eine zentrale Ersteinschätzungsstelle sein. Von dort aus werden die Patienten der richtigen Struktur innerhalb des INZ zugewiesen. Grundsätzlich sollen für die Einrichtung dieser zentralen Ersteinschätzungsstelle die Krankenhäuser zuständig sein. Über die geplanten Mindestöffnungszeiten, für die ans INZ angebundenen Notdienstpraxen gibt der Gesetzentwurf bereits Auskunft: Diese sollen an Wochenenden und Feiertagen mindestens von 9 Uhr bis 21 Uhr, mittwochs und freitags mindestens von 14 Uhr bis 21 Uhr und montags, dienstags und donnerstags mindestens von 18 Uhr bis 21 Uhr geöffnet sein.

Unwirtschaftliche Arbeit am Limit

„Niedergelassene Fachärzte arbeiten jetzt schon unter unwirtschaftlichen Bedingungen am Limit“, warnt Bärtl vor einer weiteren Ausdünnung der ambulanten fachärztlichen Versorgung in den Regionen. Wenn die niedergelassenen Fachärzte jetzt zusätzlich die deutlich erhöhten Dienstverpflichtungen in der notdienstlichen Akutversorgung mit abdecken sollen, können sie nicht zeitgleich in ihren Praxen arbeiten. Zudem sind Fachärzte nicht ideal qualifiziert für eine allgemeinmedizinisch orientierte Notfallversorgung, sondern arbeiten deutlich effizienter in ihren Fachgebieten.

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Dr. Wolfgang Bärtl, Orthopäde