Telematik-Infrastruktur: Viele Widersprüche in Bayern
Viele Widersprüche in Bayern gegen den Honorarabzug der KVB wegen des Nichtanschlusses an die Telematik-Infrastruktur (TI). Als eine der letzten kassenärztlichen Vereinigungen hat nun auch die KVB die Sanktionen gegen Ärzte und Psychotherapeuten, die sich nicht an die Telematik Infrastruktur angeschlossen haben, umgesetzt. 1% der gesamten Honorarsumme behält die KVB ein - und zwar rückwirkend für alle Quartale des Jahres 2019. Nach dem Himmelfahrts-Tag erreichte der schriftliche Honorarbescheid alle betroffenen Ärzte und Psychotherapeuten in Bayern. „Damit ist der Weg frei, juristisch gegen diese Zwangsmaßnahmen vorzugehen“, erklärt Ilka Enger, stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Facharztverbandes (BFAV). „Mein Widerspruch ist bereits bei der KV Bayerns eingegangen und bestätigt.“
Der BFAV hat mit anwaltschaftlicher Hilfe einen Widerspruch formuliert und stellt diesen seinen Mitgliedern kostenlos und allen anderen Ärzten gegen eine Schutzgebühr zur Verfügung. Der Widerspruch begründet die Auffassung des BFAV, dass die Honorarkürzung infolge eines nicht erfolgten Anschlusses an die Telematik Infrastruktur unberechtigt ist, da es sich bei dem Zwang zum Anschluss an die Telematik-Infrastruktur um eine Maßnahme handelt, die die ärztliche Schweigepflicht, die Datenschutz-Grundverordnung (DSVGO) und das ärztliche Berufsrecht verletzt und damit bestehenden Rechtsnormen widerspricht.
„Die ärztliche Schweigepflicht ist eine grundlegende Säule unseres Berufsstandes. Unser Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass alles, was sie uns anvertrauen, auch in den Räumen der Praxen bleibt“, erklärt Gernot Petzold, ehemaliger Schatzmeisters BFAV. „Können sich die Patienten darauf nicht mehr verlassen, kann das die Qualität unserer Behandlung in Gefahr bringen. Durch das Verschweigen von Beschwerden und Symptomen ist eine fehlerhafte Beurteilung des Einzelfalles möglich.“
Seit der Aussendung des Honorarbescheides erreichen den BFAV viele E-Mails und Telefonanrufe. Inzwischen haben mehrere hundert Ärzte und Psychotherapeuten den Widerspruchstext bei dem Verband angefordert. Das zeigt einmal mehr, dass sich viele ärztliche Kolleginnen und Kollegen in Bayern den Zwang zum Anschluss an die Telematik-Infrastruktur aus rechtlichen Gründen nicht gebeugt haben - und das obwohl Bundesgesundheitsminister Spahn weiterhin „aufs Gas tritt“, um die Digitalisierung gegen den Willen viele Ärzten Psychotherapeuten, aber auch vieler Patienten, mit all seinen Unzulänglichkeiten und Pannen einzuführen.
„Nach wie vor ist die Telematikinfrastruktur nicht sicher. Bis heute fehlt die in der die DSVGO geforderte Risikoabschätzung der TI“, äußert sich Enger besorgt. „Es ist eine „organisierte Verantwortungslosigkeit“- ein Zitat des ChaosComputerClubs (CCC) - mit der hier nonchalant über die evidenten Fehler des Systems hinweg gegangen wird“.
Der BFAV kündigt an, dass er durch eine Klage gegen den Honorarabzug bei nicht erfolgtem Anschluss an die Telematik-Infrastruktur eine höchstrichterliche Entscheidung herbeiführen wird. „Das sind wir unserem Beruf, aber auch unseren Patienten schuldig“, zeigt sich Petzold entschlossen.
