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All you can eat am »Notfall«-Buffet?

Das deutsche Gesundheitssystem scheitert an falsch verstandener Solidarität / Notfallgebühr wird begrüßt Eine Notfallgebühr könnte nach Ansicht des BVNF den ungezügelten Andrang von Patienten mit Bagatellerkrankungen in den Notfallambulanzen eindämmen. Die Politik reagiert hier zu zaghaft und inkonsequent. Die Leistungsnehmer sollen mehr finanzielle Verantwortung übernehmen.

»Wir brauchen ein Umdenken in der Notfallversorgung«, fordert Ilka Enger, Vorsitzende des Bundesverbandes niedergelassener Fachärzte (BVNF) und stellt sich damit demonstrativ hinter die Idee einer Notfallgebühr. »Wenn Patienten mit Zipperlein die Notaufnahme fluten, die seit Tagen und Wochen verschleppt wurden, dann gefährdet das die adäquate Versorgung von Menschen, die wirklich schwer krank auf die Hilfe der Kliniken angewiesen sind.« Der empörte Aufschrei der Gesundheitspolitiker bereits schon bei der Erwähnung einer Notfallgebühr sei scheinheilig, so die BVNF-Vorsitzende. Dieselben Politiker, die ihren Wählern eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung auch für medizinische Lappalien versprechen, seien nicht gewillt, auch die Kosten für diese Überversorgung zu tragen oder zumindest den Bürgern die Zusammenhänge klarzulegen.

Solidarität ist keine Einbahnstraße

Astrid Schmidt, Orthopädin aus Miltenberg präzisiert: "Solidarität funktioniert nur mit Verantwortung - auch des Leistungsnehmers, der laut SGB eine Mitwirkungspflicht an seiner Behandlung hat. Eine All you can eat-Mentalität ist nicht geeignet, unser solidarisch finanziertes Gesundheitssystem, bei steigender Lebenserwartung und medizinischem Fortschritt zukunftssicher und bezahlbar zu gestalten. Gesundheit ist ein hohes Gut und im Krankheitsfall braucht jeder von uns die beste Versorgung," so Schmidt weiter. "Das kann nur gelingen mit Wertschätzung und Respekt. Da müssen auch die Patienten Verantwortung übernehmen - über eine Kostenbeteiligung. Wir Ärzte praktizieren diese schon seit Jahrzehnten, indem nahezu jeder Praxis der Grundversorgung in jedem Quartal mehrere tausend Euro an Behandlungsleistungen nicht vergütet werden und sie trotzdem weiter Patienten behandelt." Die Politik organisiere die Versorgung der Bürger zunehmend zu Lasten der Ärzteschaft, die im Budget gedeckelt immer mehr Leistungen zu immer höheren und mit Sanktionen belegten Qualitätsstandards ohne Vergütung erbringen müssten. So sei es nicht verwunderlich, "dass immer weniger Ärzte bereit sind, auf die Dauer im bundesdeutschen "Circus medicus" zur medizinischen all inclusive Versorgung ohne jede Eigenverantwortung geopfert zu werden.", so Schmidt.

Politik reagiert panisch

Die Politik zerstöre "in ihrer Panik vor dem drohenden Niedergang der medizinischen Versorgung, funktionierende Strukturen, die seit hundert Jahren der Garant für eine adäquate Behandlung aller Patienten in Deutschland waren," ergänzt Ilka Enger abschließend. Neben einem Rückbau überbordender Kontrollbürokratie, einer angemessenen, unbudgetierten Vergütung für medizinische Leistungen dürfe es auch hinsichtlich einer sozial abgefederten Selbstbeteiligung der Patienten keine Denkverbote mehr geben.

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Dr. Astrid Schmidt, Orthopädin
Dr. Astrid Schmidt, Orthopädin