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Geld oder Liebe? Was lockt den ärztlichen Nachwuchs in die Provinz?

„Das Geld oder die Liebe sind es, die Menschen an einem Ort häuslich werden lassen,“ so vermutete vor Jahren schon ein kluger bayerischer Bürgermeister. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Liebe künftig immer noch ein starker Kleber ist.“ Denn das Geld scheint im Gesundheitswesen für eine ordentliche Versorgung von Patienten durch niedergelassene Fachärzte in der Grundversorgung in abgelegenen Gebieten nicht mehr vorhanden zu sein. Die Beantwortung dieser ärztlichen Landflucht wird beim 5. Bayerischen Fachärztetag im Mittelpunkt stehen, der diesmal in der Frankenmetropole Nürnberg am 15.09.2017 stattfindet.

Liebe zum Landleben scheint es nun nicht alleine zu sein, was die Nachwuchsmediziner zu einem Ja-Wort zur Landarztpraxis bewegen kann. Seit mehr als 5 Jahren versuchten Politiker, kassenärztliche Vereinigungen und Ärztekammern als Hochzeitswerber mit Schnupperfamulaturen, Programmen wie "Land in Sicht" oder anderen kurzfristigen Fördermaßnahmen die Ansiedelung des ärztlichen Nachwuchses in ländlichen Regionen voranzutreiben. Dabei wird auch eine auf den ersten Blick ganz stattliche "Mitgift" ausgelobt. Dennoch sind die Umworbenen nicht wirklich zu überzeugen. Hat man also die falschen Argumente für die "Brautwerbung" benutzt? Mit den Daten aus dem sog. Neubauer-Gutachten als Grundlage der Diskussion wird klar, dass es nicht nur an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf liegt oder an der angestrebten Work-Life-Balance, dass der ärztliche Nachwuchs sich nicht für die Niederlassung - "und schon gar nicht im ländlichen Bereich - entscheiden will," gibt der in eigener Praxis in Neumarkt/Opf niedergelassene Orthopäde und Vorsitzender des bayerischen Facharztverbandes (BFAV), Dr.Wolfgang Bärtl zu bedenken. "Warum sollte ein Oberarzt seine Arbeitsstelle im Krankenhaus mit geregelten Arbeitszeiten aufgeben, wenn er für mehr Arbeit in eigener Praxis, das unternehmerische Risiko, das er auf sich nimmt und die zusätzliche Personalverantwortung auch noch mit finanziellen Einbußen und sich ständig ändernden Arbeitsbedingungen bezahlt?"

Das Neubauer-Gutachten wurde von der kassenärztlichen Vereinigung in Auftrag gegeben, um die finanziellen Bedingungen der ambulanten Tätigkeit von Ärzten mit eher konservativem Spektrum in der sog. Grundversorgung zu untersuchen. Dem Gehalt eines Oberarztes wurden der Umsatz und der daraus resultierende Gewinn vor Steuern gegenüber gestellt, der notwendig ist, um einen finanziellen Anreiz zur Niederlassung zu bieten. "Dabei wurde deutlich, dass die Umsätze, die aus der vertragsärztlichen Tätigkeit für gesetzliche Krankenkassen, nicht ausreichen, um den notwendigen Umsatz einer solchen hypothetischen Musterpraxis zu erwirtschaften," erläutert die Internistin aus Neutraubling Ilka Enger, die für die Veröffentlichung dieser Zahlen als ehemalige KV-Vorsitzende mitverantwortlich war, die unbefriedigende Situation für Jungmediziner "Gerade im ländlichen Bereich ist es schwer, zusätzlich notwendige Umsätze mit Privatpatienten zum Ausgleich der Gehaltslücken zu erzielen - deshalb fehlt den Landarztpraxen die finanzielle Sicherheit und Kontinuität." Dass es der bayerischen Gesundheitsministerin Melanie Huml unter diesen Voraussetzungen mit ihren Fördermaßnahmen gelungen sei, 480 Neuniederlassungen zu erzielen, "ist eine hervorragende Leistung," lobt BFAV-Sprecher Bärtl, verbunden mit der eindringlichen Bitte: "Das ist aber einfach zu wenig, um die heraufziehenden Probleme des Ärztemangels in Bayern zu beheben. Es braucht eine nachhaltige Perspektive für die Landarztpraxis, um die derzeitigen Praxisinhaber zu halten und Nachfolger zu generieren." Das Projekt sei allerdings eine Aufgabe, die Bund und Land nicht alleine schultern können," ergänzt Ilka Enger. "Dazu müssen alle Beteiligte - auch die Kommunalpolitiker - an den Tisch mit den Ärzten vor Ort, um gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Dafür soll der 5. Bayerische Fachärztetag den Startschuss geben."

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Liebe zum Landleben oder Geldsegen?
Liebe zum Landleben oder Geldsegen?