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25% mehr Budget sind keine Honorarreform – KV-Spitze zeigt sich plan- und hilflos

Krankenkassen brauchen keine freien Unternehmerärzte. Weder die Lücken in der Notfallversorgung noch der drohende Niedergang der Grundversorgerpraxen in den Regionen scheinen die Akteure im Gesundheitswesen zum Umdenken zu bewegen. Krankenkassen wie KBV halten unbeeindruckt von den Hiobsbotschaften der Niedergelassenen und den Hilferufen aus den überlasteten Krankenhäusern am Budget in der Grundversorgung fest. Die zeigte sich erneut beim ZI-Forum der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mit dem irreführenden Versprechen, die Vertragsärztliche Versorgung mit einer Hochglanzbroschüre zukunftssicher zu machen.

Ökonomen sehen „bei reiner GKV-Tätigkeit je nach Fachgruppe deutliche Deckungslücken von 90% bis 223% (2010) bzw. von 58% bis 191% (2013), d. h. die Fallwerte müssten bei den gegebenen Fallzahlen um 90% bis 223% (2010) bzw. um 58% bis 191% (2013) höher liegen, damit ein angemessenes Einkommen von konservativ tätigen Ärzten in ländlichen Gebieten erzielt wird (...)“, so resümiert das Neubauer-Gutachten.

Doch die Interpretation des Gutachtens ist aus Sicht der Unternehmer-Fachärzte falsch, weil die generelle Forderung einfach im Gießkannenprinzip mehr Geld ins Budget zu pumpen an der Realität der Versorgungsansprüche vorbeigeht. Bei den Krankenkassen stößt der Wunsch auf taube Ohren, wie der Vertreter des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, glaubt, mit angestellten Ärzten das Problem lösen zu können. „Mit einer Pauschale zur Förderung der fachärztlichen Grundversorgung von 1-3 EUR pro Fall und Quartal gelingt das sicher nicht!“, zeigt sich der Vorsitzende des Bayerischen Facharztverbandes (BFAV), Dr. Wolfgang Bärtl, pessimistisch, dass die KV-Spitze allen Lippenbekenntnissen zum Trotz die existenzielle gefährdende Situation der niedergelassenen Fachärzte aufhalten will. Dabei zeigten die Zahlen des Neubauergutachtens die Auswirkungen der schlechten Vergütung von Grundleistungen.

Das Dilemma der unzureichend finanzierten Grundleistungen führt zu Wartezeiten und Verknappung. „Das schlägt sich insbesondere auch in der steigenden Inanspruchnahme der Notfallambulanzen der Kliniken wider“, ergänzt Ilka Enger, ehemalige 2. Vorsitzende der KVB. „Wobei eine Abklärungspauschale von 3,80 EUR/Fall ebenso ein Ausdruck mangelnder Wertschätzung ärztlicher Grundleistungen ist und langfristig keine Lösung darstellen wird.“

Die KBV und auch die KVB seien gefordert, schnellstens die Ausbudgetierung der Grundleistungen zu verhandeln. Denn ohne eigenständigen fachärztliche Praxen gebe es keine flächendeckende Gesundheitsversorgung mehr in Deutschland, so die Warnung des Verbandes.

Alternative gesucht

Die Zielrichtung, bei den Krankenkassen für die „Ambulantisierung der Medizin“ mit einer Hochglanzbroschüre unter Vernebelung der tatsächlichen Aussagen des Neubauer-Gutachtens von den Kassen generell 25% mehr Honorar zu erstreiten, war nach Ansicht des BFAV-Sprechers „von vornherein zum Scheitern verurteilt. Es handle sich hier eher um einen selbst ausgestellten "Persilschein" für das Weiter so!" in HVM und EBM. Konservative und damit zeit- und „arztleistungsintensive“, fachärztliche Behandlung sei inzwischen vielfach bereits Luxus und finde weitgehend im Selbstzahlerbereich statt.

Doch der Ruf nach einer notwendigen Ausbudgetierung und Umverteilung bleibe trotz aller vorgelegter Zahlen ungehört. Die in eigener Praxis niedergelassenen Grundversorger - egal welcher Fachrichtung - müssten, um aus der existenziellen Abwärtsspirale auszubrechen, künftig ihre Interessenvertretung vorrangig außerhalb der KV in alternativen Organisationsformen suchen, wollen sie nicht mittelfristig aus rein wirtschaftlichem Zwang aus einer Praxis der patientenorientierten Versorgung einen Ort der Massenabfertigung machen.

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Vorsitzender des BFAV, Dr. Wolfgang Bärtl, Orthopäde aus Neumarkt
Vorsitzender des BFAV, Dr. Wolfgang Bärtl, Orthopäde aus Neumarkt