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Im Notfall platzt die Budgetbombe

BVNF erfreut die „Einsicht“ bei den Körperschaften zu brisantem Thema

Das Budget muß endlich weg! Die ärztlichen Körperschaften greifen jetzt mit vierjähriger Verspätung die Forderung des Bundesverband der niedergelassenen Fachärzte (BVNF) an die Parteien zur Bundestagswahl auf. Am Beispiel der Lücken in der Notfallversorgung zeigen sich die Auswirkungen der schlechten Vergütung von Grundleistungen. Die KBV sei gefordert, schnellstens die Ausbudgetierung zu verhandeln. Denn ohne eigenständige fachärztliche Praxen gebe es keine flächendeckende Gesundheitsversorgung mehr in Deutschland, so die Warnung des Verbandes.

»Aus Anlaufpraxen werden Auslaufpraxen!« Mit drastischen Worten macht der Vorsitzende des BVNF Dr. Wolfgang Bärtl auf die brisante Entwicklung im Bereich der Anlaufpraxen aufmerksam, die aufgrund der Budgetierung Notfallleistungen betriebswirtschaftlich nicht mehr erbringen könnten.
Anlaufpraxen seien prinzipiell eine gute Idee, wenn man den Betreibern eine feste und angemessene Vergütung für jeden Notfall sowohl während als auch nach der regulären Sprechzeit gewährleiste.
Aber "wir wissen, dass weit über 50 Prozent aller sogenannten Notfälle in den Klinikambulanzen auch während der Sprechzeiten Beschwerden/Verletzungen des Bewegungsapparates sind", so der in eigener Praxis in Neumarkt/Opf. niedergelassene Orthopäde aus eigener Erfahrung. Notfall - Leistungen seien in diesen Fällen "typische Grundleistungen, abgesehen vom Röntgen, Basislabor oder Immobilisierenden Verbänden/Gipsen." Damit räche sich jetzt in der Notfallversorgung "die lächerliche Vergütung der Grundleistungen in Orthopädie und Unfallchirurgie. Kein halbwegs betriebswirtschaftlich kalkulierender Praxisbetreiber wird unter diesen Bedingungen großzügig Freiräume für Notfälle schaffen, da er in dieser Zeit effektivere Leistungen erbringen kann, die nicht in das ohnehin schon ausgeschöpfte Budget fallen," so beurteilt Bärtl das Kernproblem. Er bittet deshalb dringend, dass die KBV-Delegierten den Vorstand in die Lage versetzen, "den von mir schon vor 4 Jahren eingebrachten und beschlossenen Antrag zur Ausbudgetierung aller Unfall - und Notfallleistungen bei den anstehenden Honorarverhandlungen vorrangig zu verhandeln." Der Schulterschluss mit den Kliniken zur Durchsetzung dieser Forderung sei wünschenswert.

Einsicht greift

"Endlich scheint sich auch in den Körperschaften des öffentlichen Rechtes die Einsicht breit zu machen, dass das System durch die Jahrzehntelange Budgetierung ausgezehrt ist", sieht das frühere KVB-Vorstandsmitglied, die Internistin Dr. Ilka Enger die Körperschaft in einem Umdenkungsprozess begriffen, nachdem diese jetzt die Wahlaufforderung des BVNF zur Abschaffung des Budgets aufgreife. Das Gesundheitssystem brauche angemessene und feste Preise "ohne Mengenrabatt", um den Praxen wirtschaftliche Sicherheit zu geben. Wenn die selbständige Arbeit in den Praxen nicht genauso fair vergütetet werde wie die Arbeit in den Kliniken, "kann man nicht erwarten, dass die Nachwuchsärzte Lust auf das ärztliche Unternehmertum bekommen."
Falsch sei aus Sicht Engers jedoch, "die Renovierung des EBM mit Stärkung der Grundversorgung wieder um zwei Jahre zu verschieben und damit die fachärztliche Grundversorgung durch falsche Sparpolitik ebenfalls zu einer aussterbenden Spezies zu machen. Die ärztliche Grundversorgung, sei im haus- wie im fachärztlichen Bereich gleichermaßen in akuter Gefahr und mit ihr die Patienten.

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Dr. Wolfgang Bärtl, Orthopäde, Neumarkt
Dr. Wolfgang Bärtl, Orthopäde, Neumarkt