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Erstellt von Dr. Ilka Enger, Internistin |

Der Inhalt zählt

Groß war in den letzten Tagen die Aufregung um das sog. Neubauer-Gutachten, das von der 2. Stellvertretenden Vorsitzenden der KVB und unserem BFAV–Mitglied Ilka Enger ein Jahr nach dessen Fertigstellung veröffentlicht wurde. Sie zog damit – konform eines Beschlusses der Vertreterversammlung – die Reißleine, weil man davon ausgehen musste, dass dieses Gutachten auch weiter in der Schublade der KVB verstauben sollte.

Vielleicht ist es Ihnen ja aufgefallen – über das »Wie« der Veröffentlichung wird heftig lamentiert, die Inhalte allerdings werden von den Berufsverbänden und der KV Bayerns weder angezweifelt, noch näher beleuchtet.

Darum geht’s:

Das Gutachten beschäftigt sich mit der Frage, warum es so schwierig ist, für unsere Praxen Nachfolger zu finden und warum es gerade im ländlichen Raum immer unattraktiver wird eine Praxis zu führen oder im Rentenalter zu veräußern. Deshalb wurden zunächst die Fachgruppen betrachtet, wo dieses Dilemma evident ist: Gynäkologen, Orthopäden, Urologen, Dermatologen, Augenärzte, HNO-Ärzte und die Hausärzte (GOUDAH plus H). Wir sind überzeugt davon, dass es bei allen konservativ am Patienten arbeitenden Fachgruppen durchaus ähnliche Ergebnisse geben dürfte.

Zunächst wurde ein Vergleich gezogen zwischen den derzeit üblichen Gehältern eines Oberarztes, verheiratet, 2 Kinder, ca. 40 Jahre in „Teilleitungsfunktion“. Das ist die Gehaltsgruppe, die auch offiziell im EBM für den sog. Kalkulatorischen Arztlohn herangezogen wird. Dieses Jahresgehalt liegt derzeit nach Gehaltstabellen bei 110.000 bis 146.000 Euro und damit um 28% niedriger als der derzeitige kalkulatorische Arztlohn von 105.000 Euro.

Der Gutachter Prof. Neubauer beweist aber, dass zu diesem Arztgehalt weitere Bestandteile zugefügt werden müssen wie die selbst zu finanzierenden Renten- und Krankenversicherungsbeiträge, aber auch einen Anteil für das zu tragende unternehmerische Risiko und kommt zu dem Schluss, dass das adäquate ärztliche Einkommen aus der Praxis bei 160.000 bis 175.000 Euro liegen müsste. Diese Summe wird in Bezug gesetzt zu anderen selbständig tätigen Freiberuflern und es zeigt sich, dass diese kalkulatorische Größe durchaus in den entsprechenden gesamtgesellschaftlichen Kontext passt.

Im Weiteren wurden die Kosten einer konservativ ausgerichteten Praxis der entsprechenden Fachgruppen mit einer von den Berufsverbänden erstellten durchschnittlichen Ausstattung anhand verschiedener Datenquellen eine sog. »Musterpraxis« dargestellt. Die Kosten schwankten zwischen 147.000 Euro (Allgemeinmedizin) und 219.000 Euro (Orthopädie mit Röntgen). Daraus ergibt sich der Soll-Umsatz dieser »snythetischen Musterpraxen« von 306.000 bis 394.000 Euro je nach Fachgruppe – im Schnitt ca. 340.000 bis 360.000 Euro.

In einem Zweiten Teil des Gutachtens wurde dieser Sollumsatz mit den aktuellen Durchschnittsfallzahlen der Praxen auf einen SOLL-Fallwert umgerechnet und mit dem derzeitigen IST-Fallwert verglichen. Dabei ergaben sich Deckungslücken zwischen 90% (Gynäkologie) und 220% (Urologie) bei einer reinen Betrachtung des GKV-Anteils. Diese Deckungslücken werden teilweise durch andere Umsatzanteile aus dem Privatbereich, Selbstzahlerleistungen und Gutachtertätigkeiten ausgeglichen. Hier wurde dann eine Betrachtung der verschiedenen Regionstypen (großstädtischer, mittelstädtischer und ländlicher Bereich) angeschlossen.

Das Ergebnis:

Es gelingt nur in den allerwenigsten der untersuchten Fachgruppen die Deckungslücken zu einem angemessenen Honorar zu schließen. Und das wiederum führt dazu, dass es nicht gelingt einen angestellten Arzt aus der Klinik mit sicherem und auch noch höherem Gehalt in die risikoreichere, wenn auch erfüllendere selbständige Tätigkeit zu bewegen, wenn der junge Kollege nur einigermaßen betriebswirtschaftlich denken kann. Diese unangenehme Wahrheit, die wir alle in unserem Praxisalltag als eher konservativ ausgerichtete, sehr eng am Patienten arbeitende Ärzte in unseren Abrechnungen erahnen, wird in diesem Gutachten deutlich ausgesprochen. Warum die Berufsverbände diese Wahrheiten nicht aufgreifen und stattdessen versuchen wieder unter den Teppich zu kehren, ist uns ein Rätsel.

Wir sorgen für Transparenz – Wählen Sie den Bayerischer Facharztverband Liste 6!

»einsetzen statt aussitzen«

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Dr. Ilka M. Enger, Internistin, Neutraubling
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